Nachdem am 12. März auf eine allgemeine Dienstanweisung hin alle Aktivitäten eingestellt werden mussten, wurden bereits am 20. März durch die Führung der Ortsfeuerwehr zahlreiche Maßnahmen für den Einsatzdienst eingeführt, um die Infektionsgefahr für unsere Einsatzkräfte aber auch für Beteiligte möglichst gering zu halten. Diese Maßnahmen haben nach wie vor uneingeschränkt Bestand. Lange bevor man in der Politik überhaupt über die Einführung von Mund-Nasen-Schutz diskutiert hat, gehörte dieser Schutz für unsere Einsatzkräfte bereits zum Standard. Bei Einsätzen muss mehrere Stunden mitunter darunter gearbeitet werden, was schon eine Extrembelastung an sich darstellt, ganz abgesehen von der zusätzlichen körperlichen Arbeit.
Im gesamten Feuerwehrhaus gilt Tragepflicht eines MNS, es wurde ein Einbahnstraßenverkehr eingerichtet, damit sich die Einsatzkräfte möglichst nicht entgegenlaufen. Die Fahrzeugbesatzungen wurden reduziert. Wer vom Personal nicht mehr benötigt wird, tritt die Heimfahrt an, Personenansammlungen im Feuerwehrhaus sind untersagt. Getränke dürfen nur zur Regeneration aufgenommen werden. Personen, die nicht der Feuerwehr angehören oder der Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft dienen, dürfen das Feuerwehrhaus nicht betreten. Alle kleineren Räume dürfen nur von einer Person gleichzeitig betreten werden, so auch die Toiletten. Alle Geräte, Fahrzeuge und EDV-Arbeitsplätze müssen nach Gebrauch gereinigt bzw. desinfiziert werden. Zur Vermeidung einer Kontaminationsverschleppung wurde die Arbeitsweise der Atemschutzwerkstatt abgeändert, denn hier besteht eine größere Infektionsgefahr für unsere Atemschutzgerätewarte. Der Dokumentationsaufwand ist massiv gestiegen und die Einsatzdokumentationen müssen sehr zeitnah nach den Ereignissen erstellt werden.
Die Herausforderung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen bestand darin, dass wir als Feuerwehr keine Experimente eingehen können. Alles musste auf Anhieb und ohne großes Training funktionieren. In Extremsituationen muss auch mit verminderter Mannschaft das gleiche Ziel erreicht werden und der Eigenschutz darf dabei nicht zu kurz kommen. In den ersten Wochen bestand ein reger Informationsaustausch mit den umliegenden größeren Feuerwehren.
Alle Maßnahmen haben sich aber gut eingespielt und werden seit März wie selbstverständlich "gelebt". Natürlich gab es immer wieder kleinere Anpassungen, nachdem Erfahrungen gemacht werden konnten. Erst Wochen später kamen Verhaltensmaßnahmen als Vorgaben durch das Nieders. Innenministerium und die Feuerwehr-Unfallkasse. Diese deckten sich nahezu umfänglich mit denen, die wir selbst ausgearbeitet hatten. Das zeigt uns, dass wir von Beginn an auf dem richtigen Weg waren.
Insgesamt wurden seit März über 60 Einsätze unter diesen Bedingungen abgearbeitet. Wir hatten dabei mit COVID 19-Patienten direkten Kontakt und haben in schwierigen Situationen auch Menschenleben gerettet. Es mussten sich auch Einsatzkräfte unserer Ortsfeuerwehr in Quarantäne gegeben. Kontaktketten mussten recherchiert werden und es bestand in Einzelfällen Kontakt zum Gesundheitsamt und zum Stab des Landkreises Göttingen.
Viele Grundtätigkeiten haben sich geändert oder wurden erweitert, die Arbeitsweisen sind andere. Leider kamen viele Projekte zum Erliegen, Lehrgänge sind massiv ausgefallen, finanzielle Mittel wurden anderweitig eingesetzt. Besprechungen und theoretische Ausbildungen fanden via Videokonferenz statt, es gab eine massive Zunahme an Telefonaten und Schriftverkehr.
Wann wieder ein einigermaßen normales „Feuerwehr-Leben“ möglich sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Bis auf Weiteres haben alle benannten Maßnahmen weiterhin Bestand. Es ist zwar geplant, demnächst auch wieder Dienste mit den Jugend- und Kinderfeuerwehren zu gestalten, aber auch hier müssen Auflagen eingehalten werden.
Was aber viel zu kurz kommt, ist die Kameradschaft. Feuerwehr lebt von Kameradschaft, und dazu gehört auch das Zwischenmenschliche. Sich zusammensetzen, reden, sich über Erlebnisse austauschen - das alles ist wichtig, doch schon seit 6 Monaten nicht möglich. Um die Einsatzbereitschaft nicht zu gefährden, müssen die Kontakte auf ein Minimum reduziert werden.